geboren am 14. März 1893,
Deutscher jüdischer Herkunft,
Praktischer Arzt,
seit 1925 beim FC Bayern,
Sportmedizinischer Berater,
Trainer der Wasserball-
nationalmannschaft,
Olympiasieger 1928,
gestorben am 15. September 1935.
Am 14. März 1893 wird Dr. Moritz Nußbaum in Wittich/Rheinland-Pfalz geboren. Ab seinem zweiten Lebensjahr wächst er in Duisburg auf, wo sein Vater Rudolf Ruben Nußbaum als Religions- und Hebräischlehrer, sowie Kantor tätig ist. Moritz Nußbaum studiert Medizin und erhält seine ärztliche Zulassung 1923. Ab Juli 1925 lebt er in München und muss wohl auch schon kurz nach seinem Zuzug dem FC Bayern beigetreten sein. Gemeldet ist er zunächst in der Widemayerstraße 3, wo er als praktischer Arzt tätig ist. Sein Umzug in die Nußbaumstraße 12 ist in den Clubnachrichten im September 1928 dokumentiert.
Bereits einen Monat zuvor werden dort seine Verdienste und Erfolge bei der Olympiade 1928 in Amsterdam gewürdigt. Seit Mitte der 1920er Jahre ist Dr. Nußbaum schon in der Verwaltung des Deutschen Schwimm-Verbandes als Sportreferent und zudem als Schiedsrichter tätig. 1927 überträgt ihn der Verband dann auch noch die Leitung der Wasserballnationalmannschaft. Mittlerweile gilt Dr. Nußbaum als internationale Kapazität und hat sich bereits auch als Schiedsrichter bei Länderspielen etabliert, so auch beim olympischen Turnier.
Im Gegensatz zu den vier FC Bayern-Fußballern Pöttinger, Hofmann, Kutterer und Naglschmitz – sie scheiden mit der Deutschen Nationalelf bereits im Viertelfinale gegen den späteren Turniersieger Uruguay aus – kehrt das FC Bayern-Mitglied Dr. Nußbaum als Olympiasieger zurück nach München. Unter seiner Regie als Trainer zieht die deutsche Wasserballmannschaft in Amsterdam in das Finale ein. Dort schlägt sein Team den großen Favoriten Ungarn mit 5:2 nach Verlängerung und gewinnt die Goldmedaille. Dr. Nußbaum wird als Vater des Olympiaerfolges gefeiert, sein Auftreten als ruhig, besonnen, unerschütterlich und selbstbewusst charakterisiert. Vom holländischen Nationaltrainer, dem Deutschen Martin Meigen, bekommt Dr. Nußbaum als Anerkennung seiner Verdienste um den Olympiasieg den Endspielball übereicht.
Im „Lehrbuch des Wasserballspiels“, das zwei Jahre später in Leipzig erscheint, fasst er sein Wissen zusammen. Auch der FC Bayern, dem er über die Jahre beratend zur Seite steht, profitiert von seinem Wissen als Sportarzt. In den Clubnachrichten vom November 1928 wird ein mehrseitiger Diskurs aus seiner Feder über „Unfallverletzungen beim Fußballspiel“ publiziert. 1930 fungiert Dr. Nußbaum auch als Beisitzer im Vorstand des Ärztlichen Bezirksverein München. Im gleichen Jahr findet Nußbaums Name, eines traurigen Anlasses wegen, im September nochmals in den Clubnachrichten Erwähnung. Der FC Bayern spricht ihm seine Anteilnahe aus. Am 15. August verstirbt Vater Rudolf Ruben im Alter von 66 Jahren. Im gleichen Jahr heiratet Dr. Nußbaum Irmgard Seemann, die Tochter des Leipziger Kunstverlagsbesitzer Artur Seemann.
Anfang 1931 tritt er von seinem Amt als Wasserballnationaltrainer zurück. Vom Weltschwimmverband, der Fédération Internationale de Natation (FINA), jedoch wird er in den Wasserballrat berufen, wo er als Generalsekretär tätig ist, einer der höchsten Funktionen im Weltwasserball. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 ergeben sich im Leben des FC Bayern-Mitglied und Olympiasieger Dr. Moritz Nußbaum tragische Zäsuren. Dr. Nußbaum praktiziert nun in der Ludwigsstraße 11 in der Maxvorstadt. Bereits ab April dieses Jahres wird jüdischen Ärzten und solchen, die im Verdacht kommunistischer Betätigung stehen, die Kassenzulassung entzogen. Dies hat zur Folge, dass diese zukünftig nur noch Privatpatienten behandeln dürfen.
Der Deutsche Schwimm-Verband schließt bereits Ostern 1933 alle Mitglieder jüdischer Herkunft - darunter auch Dr. Moritz Nußbaum – aus. Bedingt dadurch verliert er auch seine Funktion als Generalsekretär beim Weltschwimmverband FINA. In den Clubnachrichten des FC Bayern, wo bis Ende 1934 die Mitgliederbewegungen festgehalten werden, ist kein Vereinsaustritt von ihm dokumentiert. Im Münchner Adressbuch von 1935 wird Dr. Nußbaum noch unter der Adresse Ludwigsstraße 11 geführt. Laut dem dortigen Eintrag hält er noch täglich zwischen 11 und 13 Uhr sowie 17 und 19 Uhr seine Sprechstunden ab.
Im September des gleichen Jahres begibt er sich dann nach Konstanz am Bodensee nahe der Schweizer Grenze. Dort verstirbt er im Alter von 42 Jahren am 16. September 1935 im Sanatorium Dr. Büdinger. Die Ursache des Klinikaufenthaltes und auch die Todesursache sind bis heute ungeklärt. Beigesetzt wird er auf dem dortigen Jüdischen Friedhof in Konstanz.
1949 übergibt ein Vertreter des Schwimmverein München 1899, dem Dr. Nußbaum in seiner Münchner Zeit wohl angehört hatte, den Endspielball von 1928 an den Deutschen Schwimmverband. Bis heute wird dieser Ball, der galvanisiert wurde, als Wanderpokal jährlich an den Deutschen Wasserballmeister übergeben. Auf dem Marmorsockel der Trophäe sind bis heute die Namen der Olympiasieger von 1928 verewigt.
Auch der Name des damaligen Goldmedaillen-Trainers und FC Bayern-Mitglied Dr. Moritz Nußbaum.
Andreas Wittner
Quellen:
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