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DR. PAUL GABRIEL LANDAUER

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Aktualisiert: 16. Okt. 2024



geboren am 31. Juli 1881 in München, 

Deutscher jüdischer Herkunft,

Chemiker,

Bruder der FC Bayern-Mitglieder

Kurt Landauer, Leo Landaeur, 

Franz Landauer, Alfons Landauer,

Onkel des FC Bayern-Mitglied Otto Landauer,

Schwager des FC Bayern-Mitglied Martin Rosenthal,

deportiert am 20. November 1941 von München nach Kaunas,

dort ermordet am 25. November 1941.

 

Dr. Paul Gabriel Landauer wird am 21. Juli 1881 als zweites von sieben Kindern des Textilkaufmann Otto Landauer (1842 - 1910) und Hulda, geborene Bernheim (1855 - 1930), in München geboren. Die Familie betreibt in zentraler Lage in der dortigen Kaufingerstraße 28 ein Kaufhaus für Damenmode. Diese Immobile und zwei weitere nahegelegene befinden sich im Familienbesitz. Bei Paul handelt es sich um den zweitältesten Bruder von Ehrenpräsident Kurt Landauer. Wie alle seine Brüder besucht er das Real-Gymnasium, entschließt sich daraufhin aber nicht wie diese, eine kaufmännische Berufslaufbahn einzuschlagen, sondern Chemie zu studieren. 

 

Auch wird er nicht wie seine Brüder, Mitglied im FC Bayern sein. In den Jahren von 1908 bis 1911 ist er an der Universität Würzburg als Assistent am chemischen Laboratorium beschäftigt. In diese Zeit fällt auch seine Promotin, die er 1909 ablegt. Zwischen 1914 und 1916 beteiligt auch er sich als Soldat am Kriegsgeschehen des Ersten Weltkriegs, das er überlebt. Wie alle seine Brüder hat auch er sich umgehend nach dem Ausbruch freiwillig gemeldet. 

 

Seit 1924 wohnt er wieder in München, in der Wohnung seiner Mutter in der Franz-Joseph-Straße 21.  Nach deren Tod zieht er gemeinsam mit Bruder Kurt 1931 in die Schwabinger Clemensstraße 41. Ebenso wie zuvor, bereits in der Wohnung der Mutter, wird der Haushalt für die beiden Jungesellen von Maria Baumann, der späterenen Ehefrau von Kurt, erledigt. Von der Wohnung aus, betreibt Paul eine Provisionsvertretung für Arzneimittel für die Thüringer Firma L. Lichtenfeldt. Paul ist wohl der einzige der fünf Landauer-Brüder, der über eine musische Veranlagung verfügt. Täglich nach dem Abendessen pflegt er, auf dem sich im Wohnzimmer befindenden, Flügel zu spielen. Sein Bruder Kurt beschreibt ihn später als „schwerfällig“, womit er wohl Pauls eher introvertiertes, nachdenkliches Wesen beschreibt.

 

Über die Jahre zwischen 1933 und 1938 ist nur wenig über Paul bekannt. Sicher ist aber, dass auch für ihn wie für alle Deutschen mit jüdischer Herkunft, die sogenannten „Nürnberger Rassegesetze“, die im September 1935 in Kraft treten, mit massiver gesellschaftlicher Ausgrenzung einhergehen. Ab 6. Juli 1938 gilt das „Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung“, das allen „Nichtariern“ die Tätigkeit im Wander- und Provisionsgewerbe verbietet. Zum 30. September verliert sein Gewerbeschein seine Gültigkeit. Für Paul bedeutet dies das Ende seiner beruflichen Tätigkeit, der Entzug seiner Existenzgrundlage. In der Folgezeit wird er so gut es geht finanziell von seiner Schwester Gabriele unterstützt, die noch auf Reste des Vermögen ihres verstorbenen Ehemannes zurückgreifen kann.

 

Wie seine Brüder Kurt und Franz wird auch er nach der Reichspogromnacht in das KZ-Dachau verschleppt. Nach 33 Tagen kommt er, ebenso wie Bruder Kurt, nach schwerer körperlichen und seelischen Mißhandlung, am 13. Dezmber 1938 wieder frei. Bruder Kurt bezeichnet den sehr sensiblen Paul nach seiner Rückkehr als „alten, gebrochenen Menschen, dem das Lager kolosal zugesetzt hat.“ Wochenlang habe er danach seinen Flügel nicht mehr angerührt.

Bruder Kurt gelingt im Mai 1939 die Flucht aus seinem Heimatland in die Schweiz. Paul bleibt in München in der Wohnung in der Clemensstraße zurück, wo Maria Baumann noch bis Mitte 1941 wohnt und weiterhin für ihn sorgt, ihn sogar in den schwersten Zeiten mit ihren eigenen Lebensmittelkarten unterstützt. „Du bist bei Paul geblieben, solange immer nur Du konnest,“ fasst Bruder Kurt später zusammen, „Du hast dem Paul beigestanden, als er seine letzte schwere Reise antrat.“

 

Am 20. November 1941 tritt Paul Gabriel Landauer, gemeinsam mit 998 weiteren Münchnern mit jüdischen Wurzeln, diese „letzte schwere Reise“ an. Sie endet nach fünf Tagen in Kaunas in der heutigen Ukraine. Am 25. November 1945 werden all diese deportierten Münchner dort ermordet. In seinem Lebensbericht, verfasst für Maria Baumann um die Jahreswende 1945/1946, wird Kurt Landauer über den Verbleib seiner Verwandten schreiben: „Man weiß es aber, dass die Lele [Schwester Gabriele], der Hans [deren Sohn] und der Leo [sein Bruder] in den berüchtigten Gaskammern Polens umgekommen sind, der Paul aber vor seinem selbst geschaufelten Grab mit tausenden anderen Leidensgenossen erschossen worden ist.“

 

Andreas Wittner

 

Quellen:

 Fleckenstein – Salamander; Kurt Landauer der Präsident des FC Bayern – Lebensbericht und Briefwechsel mit Maria Baumann; Insel Verlag, Berlin 2021

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