geboren am 26. Juli 1882 in München,
Deutscher jüdischer Herkunft,
Kaufmann, Vertreter,
seit 1914 beim FC Bayern,
Bruder der FC Bayern-Mitglieder
Kurt Landauer, Leo Landauer, Alfons Landauer,
Onkel des FC Bayern-Mitglied Otto Landauer,
Schwager des FC Bayern-Mitglied Martin Rosenthal,
1934 in den Ältestenrat des FC Bayern berufen,
2. November bis 15. November 1938
inhaftiert durch die Gestapo,
15. November bis
19. Dezember 1938 im KZ Dachau,
Emigration am 24. August 1939
nach Amsterdam, Niederlande,
16. August bis 19. September 1940
in Untersuchungshaft in Amsterdam,
ermordet am 10. Juli 1943
im Lager Westerbork, Niederlande.
Franz Landauer wird am 26. Juli 1882 als zweites von sieben Kindern des Textilkaufmanns Otto Landauer (1842 - 1910) und Hulda, geborene Bernheim (1855 - 1930), in München geboren. Die Familie betreibt in zentraler Lage in der dortigen Kaufingerstraße 28 ein Kaufhaus für Damenmode. Diese Immobile und zwei weitere nahegelegene befinden sich im Familienbesitz. Franz absolviert im Anschluss seiner Schulzeit eine Ausbildung zum Kaufmann. Nachdem er einige Jahre Berufserfahrung gesammelt hat, wird er nach Bruder Leo (1880 – 1942) als zweiter Sohn 1908 im Alter von 26 Jahren zum Teihaber im Familienunternehmen ernannt. Im September des gleichen Jahres heiratet er Tilly Hochstädter (1887 – 1944). Das junge Ehepaar bezieht in der Schwabinger Königsstraße 85 eine Wohnung.
Die folgenden Jahre entwickeln sich für das Damenmodehaus Landauer sehr positiv. Vater Otto wird 1909 zum Kommerzienrat ernannt und das Kaufhaus 1912 zum „Königlich Bayerischen Hoflieferanten“. 1910 übernimmt auch Bruder Kurt (1884 – 1961) als dritter Sohn eine Teilhaberschaft. Dieser gehört seit 1901, ein Jahr nach dessen Gründung, dem Fußball-Club Bayern München als Mitglied an. Seit 1904 begleidet Kurt durchgehend ein Amt in der Vorstandschaft des Vereins, dessen Mitglied Bruder Leo (1880 – 1942) seit 1911 auch ist. Nachdem Kurt Ende 1913 erstmals zum Präsidenten gewählt wird, treten auch Franz und sein Bruder Alfons (1886 – 1929) 1914 in den Club ein.
Die folgenden Jahre werden für die Brüder Landauer allerdings bestimmt durch den Ersten Weltkrieg, nach dessen Ausbruch sich diese umgehend zum freiwilligen Millitärtdienst melden. Franz kämpft hauptsächlich an der Westfront, wird 1917 zum Offizier ernannt und unter anderem mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
Nach dem Krieg gelingt es den Brüdern Landauer nicht mehr, Vater Otto war bereits 1913 verstorben, die erfolgreiche Vorkriegszeit des Damenmodehauses fortzuführen. Die Immobilien im Besitz der Familie fallen diesen wirtschaftlich desaströsen Umständen fast völlig zum Opfer. Ende der 1920er Jahre geht das Kaufhaus, mit Franz als letzten Teilhaber der Landauer-Brüder, zwei misslungene Fusionen ein. 1931 meldet das Fusions-Unternehmen „Drescher & Landauer“ Insovenz an. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet Franz bereits seit einem Jahr als Vertreter für die Wiener Versicherungsgesellschaft Phönix.
Im Gegensatz zum Damenmodehaus Landauer entwickeln sich diese Jahre für den FC Bayern mit Franz´ Bruder, Präsident Kurt Landauer, zu den erfolgreichsten der bisherigen Vereinsgeschichte. Nach den Süddeutschen Meisterschaften von 1926 und 1928 folgt 1932 der Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Nicht einmal ein Jahr danach, im März 1933, folgte jedoch das Aus für Kurt Landauer, der bereits 1922 zum Ehrenpräsident ernannt worden war.
Nachdem am 30. Januar 1933 die Nationalsozialisten an die Macht gekommen sind, setzen diese sehr schnell durch, dass im deutschen Sport in führenden Positionen keine Funktionäre jüdischer Herkunft gedultet werden. Im Gegensatz zu sehr vielen deutschen Vereinen, die bereits im Laufe des Jahres 1933 ihre jüdischen Mitglieder ausschließen, weigert sich der FC Bayern dies auch umzusetzen. 1934 werden noch Mitglieder mit jüdischen Wurzeln geehrt für ihre Verdienste im Club und für langjährige Mitgliedschaft.
Im gleichen Jahr setzt Kurt Landauers Nachfolger und Freund Siegfried Herrmann einen Ältestenrat ein, in dem alle Mitglieder berufen werden, die sich 20 Jahre und länger im Verein befinden. Franz und zehn weitere Mitglieder jüdischer Herkunft gehören diesem Gremium an. Im Sommer 1935 versucht der neu eingestzte Vereinsdietwart Theo Slipek, einen „Arierparagraphen“ beim FC Bayern umzusetzen, was aber bis Ende des Jahres nicht gelingen soll.
Mit den im September 1935 eingeführten „Nürnberger Rassegesetzen“ werden aber ab diesem Zeitpunkt sogenannte „Nichtarier“ sukzessive aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Seit Dezember 1934 existiert bereits eine sogenannte „Heimtücke-Verordnung“ mittels der jeder, der sich staatsabträglich oder negativ über die NSDAP äußert, belangt und verfolgt werden kann. Im September 1938 wird Franz Opfer dieser Verordnung. Er wird denunziert, ihm wird vorgeworfen, verächtlich über Adolf Hitler geredet zu haben. Am 2. November wird er von der Gestapo vorgeladen, verhört und bis zum 15. November inhaftiert. Von hier wird er in das Konzentrationslager Dachau überstellt, wo sich seit fünf Tagen bereits sein Bruder Kurt befindet. Nach 37 Tagen der Demütigung, Entrechtung und Entwürdigung wird Franz am 19. Dezember 1938, unter der Auflage Deutschland zu verlassen, entlassen.
Bis zur Emigration nach Amsterdam am 24. August 1939 müssen Franz und seine Frau Tilly alle Schmuck- und Wertgegenstände aus ihrem Besitz abgeben, eine „Judenvermögensabgabe“ von 25.000 RM und eine „Reichsfluchtsteuer“ von 29.900 RM entrichten. In Amsterdam angekommen, dauert es nicht lange und die Vergangenheit holt Franz, in Form seines Vergehens gegen die „Heimtücke-Verordnung“, wieder ein. Am 22. Februar 1940 wird ein Haftbefehl gegen ihn ausgesprochen. Nach dem Überall der Wehrmacht auf die Niederlande im Mai 1940, folgt am 16. August die Verhaftung von Franz. Erst als Schwester Gabriele in München einen Kaution von 10.000 RM hinterlegt, kommt er am 30. September wieder frei. Tatsächlich muss er am 15. Oktober zurück nach München, wo er an diesem Tag vom Sondergericht 1, München mangels hinreichender Nachweise freigesprochen wird und danach wieder nach Amsterdam zurückkehrt.
Am 10. Dezember 1942 werden Franz und Frau Tilly Landauer in das Konzentrationslager Kamp Westerbork verschleppt. Hier wird Franz Landauer am 10. Juli 1943, gut zwei Wochen vor seinem 61. Geburtstag, ermordet. Die Deportation seiner Frau Tilly in das Konzentrationslager Theresienstadt erfolgt am 18. Januar 1944. Sie wird am 15. Oktober 1944 im Alter von 57 Jahren im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet.
Als 1951 in den Clubnachrichten des FC Bayern berichtet wird, über den Verbleib von Mitgliedern aus den Jahren vor 1945, ist dort zu lesen:
„L a n d a u e r L e o ist während des Krieges im K.Z. in Polen,
L a n d au e r F r a n z, ebenfalls während des Krieges im K.Z. in Amsterdam ums Leben gekommen.“
Andreas Wittner
Quellen:
Kämper, Dirk; Kurt Landauer – Der Mann, der den FC Bayern erfand; Verlag Orell Füssli, Zürich 2014
Fleckenstein – Salamander (Hrgb.); Kurt Landauer – Der Präsident des FC Bayern – Lebensbericht und Briefwechsel mit Maria Baumann; Insel-Verlag, 2021
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