top of page
gedenkbuch weiss.png
kulturreferat.png
archiv.png
nie wieder.png
versoehnungskirce.JPG
gm6238

OTTO ALBERT BEER


geboren am 3. Juni 1891,

Deutscher jüdischer Herkunft,

Textilkaufmann,

seit 1907 Mitglied beim FC Bayern,

Funktionär der Jugendabteilung,

Leiter der AH-Mannschaft,

Mitglied des Wahlausschuss,

1934 Berufung in den Ältestenrat,

Vater von

FC Bayern-Mitglied Ernst Rudolf Beer,

10. November 1938

bis 12. Dezember 1938 im KZ Dachau,

ermordet am 25. November 1941

im KZ Kaunas, Litauen.

 

Otto Albert Beer kommt am 3. Juni 1891 im badischen Graben-Neuendorf, Kreis Karlsruhe, zur Welt. Er ist das einzige Kind des Hautarztes Dr. Heinrich Beer (1859 – 1938) und dessen Ehefrau Therese, geborene Schulhöfer (1864 – 1942). Als Otto Albert neun Jahre alt ist, zieht die Familie Ende 1899 nach München. Vater Heinrich eröffnet am 1. Januar 1900 in der Innenstadt, Maffeistraße 8, eine Artzpraxis, wo die Familie auch wohnt. Otto Albert besucht das Gymnasium bis zum Abitur-Abschluss 1909 und absolviert anschießend eine Ausbildung zum Textilkaufmann.

 

Im Alter von 16 Jahren tritt Otto Albert 1907 der Jugendabteilung der Fußball-Abteilung (F.A.) Bayern im Münchner Sport-Club (MSC) bei, wie der FC Bayern während seiner Fussionszeit mit dem MSC genannt wird. Diese wird damals bereits vom gerade einmal 21-jährigen Siegfried Herrmann geleitet. Als im Herbst 1911 die F.A. Bayern erstmals eine Unfall-Versicherung für seine aktiven Spieler abschließt und deren Namen in den Clubnachrichten veröffentlicht, wird dort auch der mittlerweile 20-jährige „Beer Otto, Maffeistraße 8“ aufgeführt. Fast ausschließlich spielt er während seiner aktiven Zeit in den sogenannten „Unteren Mannschaften“, wie damals diese, ab der 3. bis zeitweise der 10. Mannschaft, zusammengefasst werden. Lediglich 1920 wird Otto Albert einmal für die 1. Mannschaft in einem Freundschaftsspiel auflaufen.

 

Zunächst jedoch stehen andere Ereignisse im Mittelpunkt seines Lebens. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht, meldet auch er sich, wie zahleiche weitere FC Bayern-Mitglieder, als Freiwilliger zum Wehrdienst. Er hat Glück und wird die nächsten grausamen Jahre, zuletzt als Leutnant der Reserve, überleben. Beruflich ist er nach dem Krieg als Großhändler für Textilwaren und Inhaber der Firma Theilheimer & Beer unterwegs. In dieser Zeit lernt er auch die aus Würzburg stammende Nelly Fraenkel (1900 – 1941) kennen, die in München ein Studium an der Akademie für Tonkunst absolviert. Im März 1922 erfolgt die Heriat der Beiden, am 3. Oktober 1922 kommt der erste Sohn Ernst Rudolf (1922 – 1941) zur Welt. Der zweite Sohn Kurt Gustav (1925 – 1941) folgt am 15. Juni 1925. Die junge Familie bezeiht eine Wohnung in der Herzog-Heinrich-Straße 10 nahe der Theresienwiese.

 

Neben Familie und Beruf wird sich Otto Albert Beer zukünftig auch intensiver dem FC Bayern widmen. Als Mitarbeiter des Jugend-Ausschusses unterstützt er ab Januar 1926 die Jugendabteilung. Diese wird damals wieder von Siegfried Herrmann geführt. Zu dessen Stellvertreter wird Otto Albert im Mai 1927 von der Mitgliederversammlung gewählt. Als Leiter der neu gegründeten Schülerabteilung leistet er nun eine gezielte Neustrukturierung für die Spieler unter 15 Jahren, die sich zuvor noch in Mannschaften mit den bis zu 18-jährigen messen mussten. Diese, vom FC Bayern vorgegebene, Änderung des Jugenspielsystems wird zukünftig auch auf München und später Süddeutschland übertragen. Die Schüler- und Jugendabteilung wächst unter Siegfried Herrmann und Otto Albert Beer zwischen 1925 und 1928 von 206 auf 535 Mitglieder. Ihre Heimstätte haben die Kinder und Jugendlichen damals auf neun Spielfeldern an der Äußeren Ungererstraße, die sich direkt stadtauswärts dem Israelitischen Friedhof anschließen und die ausschließlich dem FC Bayern-Nachwuchs vorbehalten sind.

 

„Leider verlor unser Jugendausschuß im Laufe des Jahres wertvolle Mitarbeiter“, ist in den Clubnachrichten vom Juli 1929 zu lesen. „Eines Herrn möchten wir dabei besonders gedenken, unseres Otto Beer. Er war unser erster Schülerobmann und unter seiner Leitung wurde der Schülergedanke in München zur Ausbreitung und Festigung gebracht. Sein Werk wird weitergepflegt werden, und mit diesem Werke wird sein Name bei der Bayernjugendsache stets verbunden bleiben.“

1930 wird er auch vom Süddeutschen Fußball- und Leichtathletikverband für seine Pionierarbeit im Jugenbereich geehrt werden.

 

Warum aber, ist Otto Albert Beer bereits nach nicht einmal drei Jahren im Oktober 1928 als Schülerleier zurückgetreten? Offiziell werden hierfür berufliche und familiäre Gründe angegeben. Dagegen allerdings spricht eine Aussage von Siegfried Herrmann, der den Erfolg einer Jugendmannschaft im Herbst 1928 auf die „Vorschule“ des ehemaligen Schülerleiter Beer zurückführt. „Für Schülerleiter, Herrn Otto Beer, ist dieser Erfolg bei seinem jetzigen Rücktritt eine weitere Genugtuung und zugleich ein Beweis, dass Herr Beer auf dem richtigen Weg war.“ Diese Formulierung belegt eindeutig, dass Otto Beers Rücktritt wohl auch andere Gründe hat, dass seine fachliche Arbeit als Schülerleiter auch stark kritisiert worden war. Gegen die genannten beruflichen und familiären Gründe spricht auch, dass er sich umgehend weiterhin beim FC Bayern einbringt. So bleibt er Mitarbeiter des Jugendausschusses, im Mai 1929 wird er in den dreiköpfigen Wahlausschuss berufen und ab Juli 1929 übernimmt er die Leitung der Alte-Herren-Mannschaft, welche fortan in den Clubnachrichten unter der Bezeichnung „Beer-Elf“ geführt wird.

 

Zur Jahreswende 1930/31 wendet sich der Schriftleiter der Clubnachrichten an die Mitglieder des FC Bayern mit der Bitte ihm mitzuteilen, was sie dem FC Bayern und dem deutschen Fußballsport für 1931 wünschen. Auch Otto Alber Beer meldete sich daraufhin zu Wort. In seinem ausführlichen Statement fällt besonders dieser Auszug ins Auge: „Ferner wünsche ich meinem Verein, dass an seiner Neutralität in politischer und religiöser Beziehung nicht gerüttelt werde. Unter dieser Tendenz ist Bayern, wie überhaupt der deutsche Fußballsport, groß geworden, und ein schüchterner Versuch gerade in unserem Verein, hiervon abzuweichen, brachte einen sehr negativen Erfolg. Derartige Ideen nisten nur in Köpfen von Novembersportlern.“ Diese Aussage von Otto Beer belegt, dass es wohl auch bereits in der Weimarer Republik beim FC Bayern bisweilen antisemitische Tendenzen nicht unbekannt waren. Ob sie auch eine Rolle bei seinem Rücktritt als Schülerleiter spielten, kann nur gemutmaßt werden.

 

Sohn Ernst Rudolf tritt im Sommer 1932 im Alter von 10 Jahren als Spieler der Schülerabteilung dem FC Bayern bei. Im Juni 1934 wird Otto Albert Beer in den neu gegründeten Ältestenrat berufen, den er bis Ende 1935 angehören wird. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Janaur 1933 wird auch der Alltag von Otto Beer von Diskriminierung, Ausgrenzung und Benachteiligung bestimmt. Augenscheinlich hierfür steht der 1. April 1933, an dem zum reichsweiten Boykott von jüdischer Geschäftstreibenden aufgerufen wird und dieser bisweilen auch mit Gewalt umgesetzt wird. Familie Beer verliert 1936 ihre Wohnung und zieht in ein Gartenhaus in der Bauerstraße 24 um. Otto Beers Firma wird sukzessive die wirtschaftliche Grundlage entzogen und im Oktober 1938 im Sinne der „Entjudung der deutschen Wirschaft“ liquidiert. Nach der Reichspogromnacht wird auch Otto Albert am 10. November 1938 in das KZ Dachau verschleppt, wo er gemeinsam mit Kurt Landauer in Block 8 interniert ist. Wie Kurt Landauer kommt auch er nach 33 Tagen Demütigung, Entrechtung sowie körperlicher und seelischer Gewalt, am 12. Dezember wieder frei.

 

Im Gegensatz zum Ehrenpräsidenten des FC Bayern gelingt Otto Albert Beer und seiner Familie allerdings nicht die Flucht aus Nazi-Deutschland in ein sicheres Ausland. Zwischen 1938 und 1941 werden ihnen die Auswanderungsgesuche nach Kenia, Rhodesien und Neuseeland verwehrt. Als am 21. November 1941 der erste Deportationszug München verlässt, befinden sich unter den 1.000 Münchnern jüdischer Herkunft auch der 50-jährige Otto Alber Beer, seine 40-jährige Ehefrau Nelly sowie die beiden Söhne, der 18-jährige Ernst Rudolf und der 16-jährige Kurt Gustav. Vier Tage darauf werden sie unmittelbar nach der Ankunft in Kaunas (Litauen) am 25. November 1941 ermordet.

 

Als im Mai 1951 in den Clubnachrichten des FC Bayern nach früheren Mitgliedern des Clubs geforscht wird, erinnert man sich auch an Otto Albert Beer: „Otto Beer, wohl einer der getreusten Bayern, ist mit einem Transport nach Osten für immer verschwunden. Einer unserer Mitglieder sah ihn noch im Waggon, der ihn ins Ungewisse brachte. Wir älteren Bayern, werden ,den guten Otto’ niemals vergessen.“

 

Zum Erinnerungstag im Deutschen Fußball kreiiert die Schickeria 2011 in Gedenken an Otto Albert Beer eine Erinnerungsaktion beim Auswärtsspiel in Bremen.

 

Andreas Wittner

2 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

תגובות


bottom of page