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RICHARD DOMBI


geboren am 27. September 1888,

Österreicher jüdischer Herkunft,

Fußballtrainer,

Trainer beim FC Bayern 1930 bis 1933,

Mitglied beim FC Bayern seit September 1933,

Emigration 1933 über Spanien, die Schweiz

nach Rotterdam, Niederlande,

gestorben am 16. Juni 1963.

 

Richard Dombi wird am 27. September 1888 als Richard Kohn in Wien geboren. Seine Eltern sind der in Acs, Ungarn, geborene Handelsmann David Kohn und die Wienerin Helene Ilona, geborene Steiner. Nach seiner Schulzeit absolvierte Richard Kohn, wie der damals noch heißt, eine Ausbildung zum Bankangestellten und verdient als solcher auch sein erstes Geld. 

 

Gleichzeitig geht er aber auch ganz gezielt seinem Hobby nach, dem Fußballspiel. Um 1905 tritt er dem Wiener Athletic Club bei, für den er bis 1910 aktiv ist. Als es im Frühjahr dieses Jahres zwischen der Ersten Mannschaft des Klubs und der Vorstandschaft des WAC zum Zerwürfnis kommt, gründen die abtrünnigen Spieler, darunter auch Richard Dombi, einen neuen Verein, den Wiener Associationfootbal-Club. 

 

Zwischen 1908 und 1912 bestreitet er, meist unter dem Pseutonym „Little“, sechs Länderspiele für Österreich. 1914 wechselt er zum MTK Budapest, für den er bis 1917 spielt. In dieser Zeit ändert er auch seinen Nachnamen. Fortan wird er in allen offiziellen Dokumenten unter dem Nachnamen Dombi, was übersetzt aus dem Ungarischen in etwa „kleine Eminenz“ bedeutet, geführt. So zum Beispiel auch in der Urkunde der Heirat vom 23. Januar 1919 mit der Protestantin Hedwig Pichler. Hier wird Richard Dombi, der jüdische Wurzeln hat, auch erstmals als Protestant ausgewiesen. Laut eines Zeitungsinterviews, das er 1958 gibt, war er auch Teilnehmer des Ersten Weltkrieges. Eine sich dort zugezogene Verwundung beendet dann im Alter von 29 Jahren seine Spielerkarriere.

 

Nach dem Krieg versucht Richard Dombi zunächst sich als Handelsvertreter durchzuschlagen. Sein Freund Hugo Meisl, der spätere Trainer des Österreichischen Wunderteams, rät ihm dazu ebenfalls die Trainerkarriere einzuschlagen. Er befolgt den Ratschlag. Als erste Trainerstation von Richard Dombi ist in der Saison 1923/24 Hertha BSC bekannt. In den folgenden Jahren vermittelt er Spielern in halb Europa sein Fußballfachwissen, so unter anderem in Jugoslawien, Polen, in Spanien beim FC Barcelona, in seiner Heimatstadt beim First Vienna, in Stuttgart und ab 1928 in München, wo er zunächst den TSV 1860 trainiert bevor er 1930 beim FC Bayern aufschlägt. 

 

Hier agiert er nicht nur als erfolgreicher Trainer, sondern auch als Masseur und Geschäftsführer des Clubs. Am Ende seines zweiten Jahres beim FC Bayern steht 1932 der größte Erfolg der bisherigen Vereinsgeschichte, der Gewinn der ersten Deutschen Meisterschaft. „Neben seinen Fähigkeiten als Sportlehrer ist er in diesen zwei Jahren der Mannschaft ein aufrichtiger Freund und Berater geworden, und es wäre zu wünschen, wenn er ihr und unserem Club noch lange erhalten bliebe“, so die finalen Worte des Portaits über Richard Dombi nach dem Titelgewinn in den Clubnachrichten vom Juli 1932. 

 

Der Lauf der Geschichte, jedoch, lässt diesen Wunsch nicht in Erfüllung gehen. Gerade einmal sieben Monate später kommen am 30. Januar 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht. Umgehend beginnen die neuen Machthaber damit, ihre antisemitische Gesinnung umzusetzten, die auch vor dem Sport nich halt macht, respektive diverse Sportfunktionäre lassen sich davon vereinnahmen. Bereits am 22. März 1933 tritt Kurt Landauer unter dem Druck der neuen Verhältnisse als Präsident des FC Bayern zurück. Ebenso wie Richard Dombi hat auch er jüdische Wurzeln. Ende Juli 1933 endet die Trainertätigkeit von Richard Dombi beim FC Bayern. In einer Zeit, in der zahlreiche Sportvereine bereits ihre jüdischen Mitglider ausschließen, tritt der vorherige Angestellte des Clubs, Richard Dombi, dem FC Bayern im September 1933 als Mitglied bei. 

 

Er emigriert zunächst nach Spanien, wo er abermals den FC Barcelona betreut, 1934 folgt ein einjähriges Engagement beim FC Basel, bevor er sich 1935 in den Niederlanden niederlässt und in den folgenden Jahren Feyenoord Rotterdam sehr erfolgreich coacht. 1936 und 1938 stehen am Ende der Spielzeit jeweils die niederländische Meisterschaft. In einer Vereinschronik werden Jahre später seine Verdienste für den Club überschwänglich gewürdigt: „Vom Himmel gesandt wurde uns der größte Trainer [Richard Dombi], der jemals in den Niederlanden tätig war. Er war es, der Feyenoord eigentlich erst gelehrt hat, Fußball zu spielen.“ In dieser Zeit heiratet Richard Dombi ein zweites mal, die Niederländerin Pietertje Groenendijk, ihres Zeichens Schwester von  Feyenoord-Mittelstürmer Willem Huibrecht („Wim") Groenendijk.

 

Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Niederlande im Mai 1940 beginnen für den gebürtigen Wiener mit jüdischen Wurzeln, Richard Dombi, bedrohliche Zeiten. Im niederländischen Sportgeschehen steht er weiterhin im Blickpunkt. In der Saison 1940/41 gelingt ihm mit dem SC Emma Dordrecht der Aufstieg in die Erste Liga. 1940 besucht ihn ein alter Freund aus der FC Bayern-Zeit, Hans Koch. Dieser ist mittlerweile Truppführer und Ausbilder bei der Luftwaffe und seit 1937 NSDAP-Mitglied. Von ihm lässt sich Richard Dombi zur Sicherheit eine Pistole und Munition besorgen, die Koch ihm bei einem Treffen im Oktober 1941 übergibt. In dieser Zeit schließt sich Dombi auch dem holländischen Widerstand an. 

 

Im Juli 1942 beginnen die Deportationen aus den Niederlanden. Am stärksten bedroht sind ausländische Flüchtlinge. Statistisch gesehen, so wissen wir heute, stellten die Niederlande das gefährlichste Land für geflüchtete Juden in Westeuropa dar. Das frühere FC Bayern-Mitglied Max van Wien überlebt in Amsterdam den Holocaust versteckt auf einem Speicher, verpflegt von niederländischen Helfern. Kurt Landauers Bruder Franz wird 1943 im niederländischen Lager Westerbork ermordet.

 

Richard Dombi tritt bis 1944 weiterhin als Trainer, bei VOC Rotterdam und Neptum Rotterdam, öffentlich in Erscheinung. Am 27. März 1944 erscheint im Schiedamsch Dagblatt gar eine Karikatur von Richard Dombi als Neptun-Trainer, der den „Dombi-Geist“ seinen Spielern zukommen lässt. Bis heute rätseln niederländische Historiker, wie es Richard Domi gelingt, unter besagten Umständen, den Holocaust zu überleben.

Nach dem Krieg ist er weiterhin als Trainer, auch wieder für Feyernoord, tätig. Im Juli 1951 besucht er auf Einladung seines Freundes, dem FC Bayern-Mitglied Hans Koch, München. Eiligst wird im Löwenbräukeller ein Treffen mit seinen 32er-Meisterspielern organisiert. Zu diesem Zeitpunkt pflegt er in Rotterdam bereits einen Legenden-Status. 1955 wird der mittlerweile 66-jährige von Feyernoord als Manager verpflichtet. Der Verein gewährt ihm eine Pension auf Lebenszeit. In der 50-Jahre-Chronik des FC Bayern werden Richard Dombis Verdienste um den Club zusammengefasst wie folgt gewürdigt: „Wohl kein Trainer war mit seiner gesamten Zeit so für den Club tätig, wie es Dombi war. Er war Trainer, Fitmacher, Masseur Geschäftsführer und Organisator in einer Person.“ 

 

Am 16. Juni 1963 verstirbt Richard Dombi im Alter von 74 Jahren in Rotterdam. Die Mannschaft des FC Bayern legt am 13. Juli 1963 vor dem Spiel bei Sparta Rotterdam an Dombis Grab einen Kranz nieder. Bei Feyernoord wird Richard Dombi noch heute, gemeinsam mit dem Europa-Pokalsieg-Trainer Ernst Happel von 1967, als bester Trainer der Vereinsgeschichte gehandelt. 34 Jahre nach seinem Ableben wird 1997 in Rotterdam eine Straße, die Richard Dombistraat, nach ihm benannt.

 

Andreas Wittner

 

Quellen:

Andreas Wittner: Richard Little Dombi – Kleine Eminenz, vom Himmel gesandt. In: Schulze-Marmeling, Dietrich (Hrsg.): Strategen des Spiels – Die legendären Fußballtrainer. Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2005, ISBN 3-89533-475-8, S. 54–63.

 Hofmann, Gregor; Mitspieler der „Volksgemeinschaft“ – Der FC Bayern und der Nationalsozialismus; Wallstein Verlag, 2022

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